Susann Witt-Stahl ist Chefredakteurin des Kulturmagazins Melodie & Rhythmus und freie Autorin u.a. für die Tageszeitung junge Welt. Sie hat mehrmals die Ukraine bereist und vom Maidan und aus den Kriegsgebieten im Donbass berichtet.
"Dass der Bundeskanzler vergangenen Sommer vor der anwesenden Weltpresse in Kiew den Gruß der Organisation Ukrainischer Nationalisten, »Slawa Ukrajini!«, ausgerufen hat, die in den 1940er-Jahren am Holocaust beteiligt war, ist von hohem historischen Symbolwert:
Zum einen indiziert dieser vergangenheitspolitische Tabubruch den erneuten Führungsanspruch des deutschen Imperialismus im Rahmen einer zunehmend aggressiven NATO-Expansionspolitik in Osteuropa.
Zum anderen manifestiert er den Schulterschluss mit einem rechten Regime in Kiew, dessen Streitkräfte und Sicherheitsapparat von Nazis und anderen Rechtsextremisten durchsetzt sind, die in der Tradition der ehemaligen ukrainischen Verbündeten der Deutschen Wehrmacht und SS stehen. Er verdeutlicht aber damit untrennbar verbunden auch, dass die von oben verordnete »Zeitenwende« die Entgrenzung des – schon seit den 1990er-Jahren mit »Normalisierungs«-Politik vorangetriebenen – Geschichtsrevisionismus und Revanchismus sowie der Militarisierung unserer Gesellschaft nach sich zieht.
Der faschistoide Asowstahl-Heldenkult und die Landser-Romantik, die sich selbst im linksliberalen Feuilleton finden, die verleumderischen Angriffe auf das Friedenslager, nicht zuletzt von Vertretern der NATO-opportunistischen parlamentarischen und außerparlamentarischen Linken, belegen eindringlich: Dieser gefährliche Prozess ist bereits in vollem Gange und zielt auf nichts weniger als auf die Zerschlagung kritischer Öffentlichkeit zugunsten einer mentalen Aufrüstung der Bevölkerung und eines zutiefst antidemokratischen Kriegskorporatismus."
Diskussionsveranstaltung mit Susann Witt-Stahl
Freitag, 10. Februar 2023, 18 Uhr
Magda-Thürey-Zentrum (MTZ), Lindenallee 72
Veranstalter: Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung e.V.