Leserbrief zum Thema „Volksentscheid zum Rennbahngelände“, u.a. zum Leserbrief „Abstimmung wiederholen“ von Hannelore Heinze im Weser-Kurier vom 12.08.2019 (von Walter Ruffler)
Einige Leserbriefschreiber beklagen, sie hätten beim Volksentscheid zum Rennbahngelände irrtümlich mit „JA“ abgestimmt, aber eigentlich „NEIN“ gemeint, die Fragestellung sei verwirrend gewesen. Das ist verwunderlich, denn der Sachverhalt lag klar auf der Hand: Abgestimmt wurde über einen Gesetzentwurf der Bürgerinitiative Rennbahngelände. Die zentrale Aussage in § 2 lautet: „Die Fläche des Bremer Rennbahngeländes (…) ist als grüne Ausgleichsfläche (…) zu erhalten, weiterzuentwickeln und für Erholung, Freizeit, Sport und Kultur zu nutzen.“ Wer dafür war, musste mit „JA“ stimmen, wer nicht, mit „NEIN“. Der Gesetzentwurf wurde rechtzeitig allen Abstimmungsberechtigten zugesandt, mit einer Begründung der Bürgerinitiative und mit Stellungnahmen der Bürgerschaftsfraktionen und einem ausführlichen Erläuterungstext der Bürgerschaftsverwaltung. So hatte jeder ausreichend Gelegenheit, sich eine Meinung zu bilden.
Wer nun glaubt, irrtümlich mit „JA“ abgestimmt zu haben, kann völlig beruhigt sein, denn er hat in Ungedanken das politisch Richtige getan: Er hat der bisherigen unsozialen Flächen- und Wohnungspolitik des rot-grünen Senats sein Misstrauen ausgesprochen. Der Senat hat in den letzten Jahren hunderte Hektar von bremischem Grund und Boden an private Baugesellschaften verkauft, die darauf hochpreisige Wohnungen wie in der Überseestadt errichtet haben, und häufig hat der Senat nicht einmal den gesetzlichen Anteil an Sozialwohnungen eingefordert. Auch das Rennplatzgelände sollte an Baugesellschaften verkauft werden, die dort eine „Mercedesstadt“ mit vielen Eigenheimen errichten wollten, um Mercedes-Arbeiter aus dem Umland nach Bremen zu locken. Wohnungssuchende aus Bremen mit kleinem Geldbeutel hätten weiter in die Röhre geguckt. Die Niederlage des rot-grünen Senats beim Volksentscheid hat bei den Politikern einen heilsamen Schock ausgelöst. Im Koalitionsvertrag mit den Linken geloben sie, keine kommunalen Flächen mehr an Baugesellschaften zu verkaufen, den Anteil von Sozialwohnungen auf 30% zu erhöhen, die Sozialbindung zu verlängern und die Bagatellquote auf 20 Wohneinheiten zu senken.
Zudem: Der Rennplatz wird als Wohnbaufläche wirklich nicht gebraucht. Die Studie des Bausenators „Wohnbauflächen in Bremen bis 2020“ aus dem Jahre 2017 listet 223 Flächen für 17.000 Wohnungen auf, dazu noch 10.000 Wohnungen durch Lückenbebauung, Aufstockung usw. Ein „JA“ beim Volksentscheid war also in jeder Hinsicht die richtige Entscheidung.
Walter Ruffler