Breit getragene Initiative will Mietenstopp per Bürgerantrag erreichen
Bezahlbarer Wohnraum wird immer mehr zu einer entscheidenden sozialen Frage. In der Stadt Bremen ist der Wohnungsmarkt seit Jahren angespannt und die Mieten steigen. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis von Wohlfahrtverbänden, Mietervereinen, Gewerkschaft und verschiedenen Initiativen will das ändern. Ein Mietendeckel soll die Mieten für die nächsten fünf Jahre einfrieren, mehr Sozialwohnungen sollen entstehen und es sollen keine Grundstücke im Eigentum der Stadt mehr an Investoren verkauft werden.
In der Corona-Krise hat sich die Situation weiter verschärft. Aktuell streitet die Bundesregierung darüber, ob sie den Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter bei Corona bedingten Zahlungsschwierigkeiten bis Ende September verlängern soll. Von Mietervereinen und Beratungsstellen wird andernfalls mit vermehrten Kündigungen und auch Zwangsräumungen gerechnet.
Miete frisst immer mehr vom Einkommen
In städtischen Ballungszentren sind die Wohnungen knapp und die Nachfrage ist hoch. Steigende Mieten sind die Folge. Bremen macht da keine Ausnahme. Dass die Quadratmeterpreise im Vergleich zu Metropolen wie Berlin, München, Hamburg oder Düsseldorf moderat erscheinen, täuscht über den sozialen Sprengstoff hinweg. „Entscheidend ist, wieviel jeden Monat allein in die Miete gesteckt werden muss“, erläutert Regine Geraedts vom PARITÄTISCHEN Bremen.
„Im Jahr 2018 mussten 45 Prozent der Bremerinnen und Bremen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete aufwenden. Das ist zu viel.“ Denn die Mietbelastungsquote von 30 Prozent ist Expert*innen zufolge eine kritische Schwelle: Wer mehr ausgeben muss, dem bleibt zum Leben nur noch wenig übrig. Besonders bei Menschen mit geringen Einkommen wird das Geld dann sehr knapp. Die Corona-Krise hat die Situation weiter verschärft. Denn durch Geschäftsschließungen, Kurzarbeit undArbeitslosigkeit haben viele Menschen plötzlich weniger Einkommen, die Miete ist aber gleich geblieben. „Viele wohnen sich gerade regelrecht arm. Ein Mietendeckel kann helfen, die Situation wieder ins Lot zu bringen“, zeigt sich Geraedts überzeugt.
Ein Deckel gegen hohe Mieten
In der Stadt Bremen gilt zwar seit Ende 2015 die Mietpreisbremse. Sie greift aber nur bei Neuvermietungen. Dann verbietet sie Preissteigerung von mehr als zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau. Für Kornelia Ahlring vom DMB Mieterverein Bremen e.V. ist die Mietpreisbremse ein zahnloser Tiger. Den Preisanstieg am Wohnungsmarkt hat sie nicht verhindern können. In Bremen sind bis 2019 trotz Bremse die Preise bei Neuvermietungen um 19 Prozent gestiegen. Vor Mieterhöhungen im Bestand schützt sie gar nicht. “Wir brauchen ergänzend zu der schwachen Mietpreisbremse des Bundes ein Gesetz, das die Mieten in Bremen deckelt und wenn nötig auch senkt“, sagt Ahlring. Ein mögliches Vorbild ist der Mietendeckel in Berlin, der dieses Jahrim Februar in Kraft getreten ist und für fünf Jahre gilt. Er friert die Mieten in der Hauptstadt ein, überhöhte Mietpreise können sogar gekappt werden.
Damit in Zukunft neuer Wohnraum günstig erstellt werden kann, will die Initiative auch erreichen, dass öffentlicher Grund nicht mehr verkauft, sondern durch Erbbaurecht mit niedrigem Zins vergeben wird. „Erbpacht verbilligt nicht nur die Baukosten, sondern erhält auch die städtebaulichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Stadtgesellschaft. Das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig“, so Kornelia Ahlring.
Es fehlen Sozialwohnungen
Im Land Bremen wurden im Jahr 2019 deutlich mehr Sozialwohnungen gebaut als noch im Jahr zuvor. Das ist ein Lichtblick. Und doch reichen sie nicht aus. Denn jedes Jahr fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung heraus als neue erstellt werden können. Deshalb muss auch in den Bestand investiert und die Dauer der Sozialbindung erhöht werden. „Wir brauchen eine Sozialbindung von mindestens 40 Jahren und wir wollen, dass kommunale und genossenschaftliche Projekte gestärkt werden“, fordert Rodolfo Bohnenberger vom Bremer Bündnis Soziale Arbeit und aktiv im Bremer MieterInnen-Ratschlag. Ihn treiben auch Sorgen um die Wohnungsnotfälle um, für die schon jetzt nur schwer bezahlbarer Wohnraum zu beschaffen ist. Er befürchte, dass in der jetzigen Krise immer mehr Mieter in Zahlungsschwierigkeiten geraten und ihre Wohnung verlieren könnten. Denn der Kündigungsschutz bei Mietrückständen im Sozialpakt der Bundesregierung gilt nur noch bis Ende Juni. Über eine Verlängerung um weitere drei Monate gibt es aktuell Streit in der Bundesregierung. „Je länger die Menschen von Kurzarbeit oder Einkommensausfall betroffen sind, umso mehr gerät das Konto in die Miesen. Hohe Mietbelastungen werden dann schnell zum existenziellen Risiko, die Wohnung zu verlieren. Der Bund muss jetzt handeln und Bremen muss dringend mehr Wohnungen für Notfälle bereitgestellen“, unterstreicht Bohnenberger.
Gesamtpaket ist nötig
Gegen den Berliner Mietendeckel ist inzwischen Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Gesetzgebungskompetenz für die Mietpolitik läge beim Bund, nicht bei den Ländern, so das Hauptargument der Kläger. Es liegen zahlreiche Rechtsgutachten mit sehr unterschiedlichen Auffassungen vor. Regine Geraedts hofft auf eine zügige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, damit bald Klarheit herrscht und die Handlungsoptionen der Länder deutlich werden. „Der Bund hat bei der Regulierung der Mieten versagt. Es ist deshalb richtig, wenn die Länder selbst tätig werden“, so Geraedts. Der Handlungsdruck in Städten wie Bremen sei groß. „Die Wohnbedingungen sind ein Spiegel bestehender Ungleichheit und die steigende Mietkostenbelastung beschleunigt das Wachsen eben dieser Ungleichheit enorm .Das bringt unser Bürgerantrag auf den Punkt, und da muss die Wohnungspolitik ran.“
Kontakt:
Regine Geraedts
Weitere Informationen und Downloads, sowohl der PM wie auch des Bürgerantrags (zum selber Unterschriften sammeln) finden sich unter diesem LINK:
https://bremerbuendnissozialearbeit.jimdofree.com/b%C3%BCrgerantrag-mietendeckel-bodendeckel/