Gestern, am 24. April 2022, waren wir in der 2. Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich wieder einmal Zeugen einer Inszenierung, die mit Demokratie kaum noch was zu tun hat. Nur 65,86% der Wahlberechtigten machte sein Kreuz bei der in Frankreich laut Umfragen unbeliebtesten Option: Pest (Macron 58%) oder Cholera (Le Pen 42%). Vor fünf Jahren hatte Macron noch mit 66 zu 34 Prozent gesiegt – also wesentlich klarer. Trotzdem sind die EU Repräsentanten erleichtert, denn ein Wahlsieg von Le Pen hätte die undemokratischen EU-Instutionen in eine tiefe Krise gestürzt. Der dritte aussichtsreiche Kanditat, Jean Luc Melenchon von der linkspopulären "L' Union Populaire", war in der ersten Runde knapp mit 22% der Stimmen ausgeschieden (Le Pen: 23,15%). (Weiter unten Hinweise zum Progamm der linkspopulären "L' Union Populaire", mit dem diese in der kommenden Parlamentswahl (Nationalversammlung) Mitte Juni 2022 die Mehrheit erringen will.
13.656.109 Millionen Wahlberechtigte (oder 28,01%) wollten sich an dem Wahl-Theater nicht mehr länger beteiligen und gingen gar nicht erst zur Wahl. 2.228.044 Millionen (oder 6,35% der Wählenden) gaben einen leeren Zettel ab. 790.946 (oder 2,25% der Wählenden) gaben einen ungültig gemachten Wahlzettel ab. Zusammen macht das 32,2% der Wahlberechtigten, die das ganze System ablehnen oder sich resigniert zurückgezogen haben. Wenn jetzt die Leitmedien von einem großen Sieg Macrons daherreden, dann versuchen sie den Phyrrussieg schönzureden. Frankreich ist tief gespalten, was sich auf die kommenden Regierungsjahre massiv auswirken wird. Die Mehrheit der kleinen Leute in Frankreich wird weiterhin unter der Politik von Macron zu leiden haben und unter seiner Regentschaft werden sie zudem weiter in den Sumpf des NATO-Stellvertreter-Krieges in der Ukraine reingezogen werden. Wie auch schon in der letzten Legislaturperiode könnte Macrons neoliberal/autoritäres System der reichen und global vernetzten Eliten in Frankreich es mit der nächsten Gelbwestenbewegung zu tun zukommen.
Wer französisch kann, hier die gestrige Rede von Jean Luc Melenchon von der linkspopulären Union Populaire, der mit 22% in der ersten Runde knapp ausschied. Melenchon fordert die Franzosen jetzt erst recht zu direkten öffentlichen Aktionen auf, nur so ließe sich das System verändern. Sowie zur Nutzung der kommenden Wahlen zur Nationalversammlung, den Parlamentswahlen vom 12.-19.06.2022. Wobei das Mehrheitswahlrecht (!) in zwei Wahlgängen, welches die 577 Abgeordneten der Nationalversammlung bestimmt, genauso scheindemokratisch ist, wie fast alles in der "Fünften Republik".
L'union populaire (La France Insoumise) mit Spitzenkandidat Jean Luc Melenchon will eine 6. Republik und u.a. Folgendes:
- Schluss mit der präsidialen Monarchie
- Wahl einer Verfassunggebenden Versammlung als Grundstein zu einer runderneuerten VI. Republik. (zur Zeit 5. Republik)
- Dabei kämen nur Mitglieder in Betracht, die zuvor keine politischen Ämter hatten.
- Zwei Drittel der Delegierten würden per Los gezogen.
- Alle Franzosen und Französinnen könnten Vorschläge für eine neue Magna Charta unterbreiten,
- die wiederum durch einen Volksentscheid zu bestätigen wäre.
Weitere Details zum Programm unter diesem LINK (leider nur Französisch, wir versuchen eine Übersetzung aufzutreiben).
(Rodolfo Bohnenberger)